Aktuelles

Gastbeitrag: Jordanwasser im Filmdöschen als Reisesouvenir

Wunderbar! Andrea Nicht-Roth hat noch einen Gastbeitrag geschrieben für meine Blogparade: Reisesouvenir.

Liebe Andrea,

wie versprochen, ein paar Sätze zu meinem Souvenir! 
Ohhhh, ein paar Sätze!!! Jetzt ist es so lang geworden, wie alle meine Texte! Kürze, wie du es brauchst, ich bin völlig schmerzfrei!
Alles Liebe!
 
Andrea Nicht-Roth
 
 JORDANWASSER IM FILMDÖSCHEN ALS REISESOUVENIR
 
Mein ungewöhnlichstes Reise-Souvenir ist ein Filmdöschen mit einer inzwischen leicht grünlichen Flüssigkeit. Es ist Wasser aus dem Jordan. Abgefüllt habe ich es im Herbst 1998, als ich eine Delegation Ludwigsburger Kreisräte auf einer Reise nach Israel als Journalistin begleitet habe. Der Landkreis Ludwigsburg unterhält seit vielen Jahren eine Partnerschaft mit dem County Oberes Galiläa, es gibt Schüleraustausche und gelegentlich Besuche politischer Repräsentanten. Bei einer dieser Reisen war ich mit der  Kollegin eines anderes Blattes dabei. Ich war vorher noch nie in Israel,  auch nicht außerhalb Europas.
 
Ein paar Tage waren wir Gäste im Kibbuz Kfar Blum; wir besichtigten die Golan-Höhen und das Hula-Tal, wo mit israelisch-arabisch-deutscher Hilfe ein Naturschutzgebiet für durchziehende Störche und Kraniche eingerichtet worden ist. Beteiligt war der Stuttgarter Claus-Peter Hutter von der Umweltakademie und sein Nature Life International. Störche  nehmen nämlich seit Tausenden von Jahren lieber den längeren Weg über Land nach Afrika, statt der Direttissima übers Mittelmeer, weil es über Land Aufwinde gibt. Bei diesem Ausflug haben wir auch Rast am Jordan gemacht und in diesem Fall traf das falsche Sprachbild der „angenehmen Enttäuschung“ wirklich zu.
 
Ich hatte mir den Jordan – völlig unrealistisch in einem so kleinen Land – immer als einen breiten Strom vorgestellt, wie den Rhein etwa, vermutlich fehlgeleitet von dem Ausdruck „über den Jordan gehen“. Weit gefehlt!  Der Jordan ist ein freundliches, kleines Flüsschen, etwa wie die Enz mit ein bisschen mehr Strömung. Weshalb die Dorfjungend mit aufgeblasenen Autoreifen, flussauf rannte und sich mit Gejohle und Gekreische „den Jordan runter“ treiben ließ.
 
Wir besichtigten die Stelle, wo Johannes der Täufer seines Amtes gewaltet haben soll: Die Uferwand ist betoniert, Stufen führen ins flache Wasser. Einige Frauen unsrer Reisegesellschaft zogen die Schuhe aus, lüpften die Röcke und staksten im knietiefen Wasser herum. Mir, als alter Agnostikerin, die ich seit Jahren aus der Kirche ausgetreten bin und überhaupt jeder Religion fremd und skeptisch gegenüberstehe, erschien das ziemlich gefährlich: Weiß man, was da passiert? Womöglich wird man heimlich doch wieder getauft? Ich verzichtete also auf ein Fußbad. 
 
Andererseits ist der Jordan ein magischer Ort. Ich suchte nach einem Behälter und fand ein Filmdöschen. Das tunkte ich in den Fluss. Seither steht das Filmdöschen mit Jordanwasser im Setzkasten, der noch andere materiell wertlose, aber hochsentimentale Dinge birgt, wie die Milchzähne meiner Kinder und einen Pflasterstein aus Prag.
 
Israel im Herbst 1998: Es war der Osloer Friedensprozess, alle sprachen von „the contract“, es war eine große Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten. Ich habe offene, friedenswillige Menschen kennengelernt. Wobei man sagt, dass die Kibuzzniks im Norden ohnehin  zu allererst mal  Sozialisten seien. Gaza hat man uns nicht gezeigt, aber im Westjordan sind wir ungehindert gereist – mit einem israelischen Schulbus. Wir sind auch an israelischen Siedlungen vorbei gefahren, ich empfand sie als bodenlose, stacheldrahtumzäunte Provokation, mitten in der Pampa. Was zur Zeit in Israel passaiert entsetzt mich; ich würde gern mit den Menschen von damals über diese Entwicklung reden. Vielleicht auch mit Israel („My name is like my country!“), den ich an einem Sabbat-Abend in Jerusalem kennen gelernt habe, der mir seine Stadt gezeigt hat, und der mich vom Fleck weg heiraten wollte. Es ist dann doch nicht dazu gekommen. Aber er gehört zu  meinen Israel-Erinnerungen wie das Döschen Jordanwasser.
.
Im Setzkasten steht das Filmdöschen mit Jordanwasser © Nicht-Roth
Im Setzkasten steht das Filmdöschen mit Jordanwasser © Nicht-Roth

 

Natürlich habe ich den Text nicht gekürzt! Vielen Dank liebe Andrea für deinen interessanten Beitrag für meine Blogparade.
Sicher kannst du noch viel mehr Geschichten erzählen! Bis bald.

 

Mehr Reisesouvenirs findet ihr auf meiner Pinnwand:

Folge Kunst und Reisens Pinnwand „Blogparade „Reisesouvenirs““ auf Pinterest.

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

2 Gedanken zu “Gastbeitrag: Jordanwasser im Filmdöschen als Reisesouvenir

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert