Bernd Stöcker, „Eva“, Uhlandshöhe Stuttgart.
Nur noch die Füße sind geblieben von der Bronzeskulptur „Eva“ in Stuttgart. Die Skulptur wurde vermutlich in der Nacht zum Samstag, 18.08.2012 über den Knöcheln abgesägt und geklaut. Welch ein Frevel! Was waren die Motive der Täter? Sind sie interessiert am Materialwert der Bronze? Christine Bilger ging für die Stuttgarter Zeitung der Frage nach „Was bringt die Eva den Dieben?“
Oder haben sich die Täter eventuell an der Nacktheit der Bronzeskulptur gestört?
Ludwig Hofers „Nuditäten“ im Schlossgarten Stuttgart
Das wäre nicht das erste Mal in Stuttgart. Es wird überliefert, dass Stuttgarter Bürger über Ludwig Hofers Venusstatuen im Schlossgarten empört waren und von König Wilhelm I. ihre Entfernung forderten. Der König hatte seinen Hofbildhauer um 1850 eigens nach Italien geschickt, um antike Statuen zu studieren und Marmor einzukaufen. Ludwig Hofer konnte zahlreiche Marmorkopien anfertigen, die „zur Ausschmückung des Schlossgartens“ 1854 um den Ovalsee aufgestellt wurden. Sechs Statuen stehen heute noch im Oberen Schlossgarten: Kopien der Diana von Gabii, der Hebe, der Venus von Arles, der „Kapitolinischen Venus“ und der „Venus Kallipygos“, die sich durch ihren schönen Hintern auszeichnet und eines Diskuswerfers.
Heute kann man sich kaum mehr vorstellen, für welche Aufregung diese Skulpturen im 19. Jahrhundert in Stuttgart sorgten. Um 1855 erschien eine Karikatur, die Herr und Frau Biedermann empört vor der Kopie der sog. „Kapitolinischen Venus“ zeigen.
Vergleicht man die Stuttgarter Kopie Hofers mit der römischen Kopie des hellenistischen Originals des 2. Jhs. v.Chr., die sich in den Kapitolinischen Museen in Rom befindet, daher der Name, muss man feststellen, dass die Römerin viel verführerischer ist.
Das Original gilt als erste lebensgroße Darstellung einer vollkommen unbekleideten Frau. Die Stuttgarterin verdeckt dagegen mit dem rechten Arm ihre Brüste, in der linken Hand hält sie ein Tuch, das ihre Beine umspielt und ihre Scham verhüllt. Hofer wußte anscheinend, dass er dem Stuttgarter Publikum eine keuschere Variante präsentieren musste.
Später hat der König selbst von ihm gefordert, dass „zur Abschneidung jeden Anstoßes Nuditäten durchaus ausgeschlossen sein sollten“.
Eine mögliche Erklärung für die Aufregung könnte sein, dass die Kunstbetrachter hier mit einer Nacktheit konfrontiert wurden, die sie im richtigen Leben gar nicht kannten.
Unvergessen bleibt mir der Vortrag von Christel Köhle-Hezinger, Professorin für empirische Kulturwissenschaft, vor einigen Jahren im Stuttgarter Rathaus über den nackten Schwaben!
Sie hatte damals über den „schwäbischen Leib“ gesprochen und schlüssig nachgewiesen, dass es den nackten Schwaben bzw. die Schwäbin gar nicht gab! Wie sie das gemacht hat?
… das ist eine andere Geschichte!
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Mehr über den Kunstdiebstahl in Stuttgart erfahren Sie hier:
Mein Fotoarchiv für die Stuttgarter Presse geöffnet.
Ein Gedanke zu “Nur noch die Füße sind geblieben …”