Eine Sensation!
Das Tehran Museum of Contemporary Art ( kurz TMOCA ) hat überraschend am 07.03.2017 eine Ausstellung eröffnet mit dem Titel „Berlin-Rome Travelers“. Nun werden im Teheraner Museum für zeitgenössische Kunst die Werke gezeigt, die eigentlich Ende 2016 für eine groß angekündigte Ausstellung in der Berliner Gemäldegalerie nach Berlin kommen und anschließend im Frühjahr 2017 nach Rom ins MAXXI ( Museum für die Kunst des 21. Jahrhunderts ) weiterreisen sollten.
Zu dieser Reise und den Ausstellungen ist es nie gekommen. Da Ende Dezember noch keine Ausreisegenehmigung für die Werke vorlag, hatte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Berliner Ausstellung mit großem Bedauern abgesagt.
In meinem Blog habe ich darüber berichtet: Tehran Museum of Contemporary Art
Ausstellung im TMOCA: Berlin-Rome Travelers
Selbst Natalie Amiri, ARD Korrespondentin im Iran, scheint von der Ausstellung überrascht gewesen zu sein. Am 06.03.2017 twittert sie:
#Breaking f Kunstwelt: die nie in Berlin angekommenen Bilder kommen in #Teheran aus Keller des Museums u werden ab morgen im #TMOCA gezeigt pic.twitter.com/7LmvS5lgqn
— Natalie Amiri (@NatalieAmiri) 6. März 2017
Sie hatte erst wenige Tage vorher ihre spannende Dokumentation über die legendäre Kunstsammlung, die die ehemalige Kaiserin Farah Diba zusammengetragen hat, auf ARTE zeigen können: Der verborgene Schatz.
ARTE bietet einen Filmausschnitt (3min):
Der Film „Der verborgene Schatz“ (in Originallänge 53 min) lässt die Beteiligten zu Wort kommen: vom Architekten des Museums Kamran Diba, der heute in Frankreich lebt, bis zum Museumswächter Firouz Shahbazi, der eine persönliche Beziehung zu den Werken gewonnen hat. Der Film zeigt bislang unveröffentlichtes Material von der Museumseröffnung 1977. Die Dokumentation endet mit der Einschätzung, dass der Zuschauer vorerst nur durch den Film den Kunstschatz im Keller des Zeitgenössischen Museums zu sehen bekommen kann.
Tipp: Bis 14.04. sind die Fotos der Fotografin Jila Dejam von der Eröffnung des Museums TMOCA 1977, die auch im Film zu sehen sind, im Ausstellungsraum Box.Freiraum Berlin ausgestellt.
So kann man sich täuschen! Eine große Überraschung für die Kunstwelt!
Die Museumsleitung hat 30 Werke der legendären Sammlung und 30 Werke iranischer Künstler aus dem Depot geholt und zeigt die Ausstellung in dem Museum, für das die Werke in den frühen 1970er Jahren erworben wurden.
Das Titelgirl der Ausstellung:
Trinidad Fernandez von Kees van Dongen, 1907
Für mich war das eine große Freude. Denn eigentlich hatte ich für den Besuch der Ausstellung ein Wochenende Anfang Februar in Berlin eingeplant. Da ich ab dem 7.3. auf Rundreise im Iran war, standen die Chancen nun gut, das Museum in Teheran zu besuchen.
Mein Wunsch ging in Erfüllung: am letzten Tag unserer Rundreise konnten wir das Tehran Museum of Contemporary Art besuchen und die Ausstellung #berlinrometravelers sehen.
Die Ausstellung ist mehr oder weniger chronologisch geordnet und zeigt zunächst Werke europäischer und amerikanischer Künstler, von Raum zu Raum kommen Werke iranischer Künstler dazu.
Interessant das Geschlechterverhältnis:
27 Künstler aus Europa und Amerika, darunter eine Künstlerin Agnes Martin.
31 Künstler aus dem Iran, darunter 6 Frauen: MatinDaftari Lili (1936-2007), Parvaneh Etemadi (geboren 1947), Farideh Lashai (1944-2013), Sonia Balassanian (geboren 1942), Behjat Sadr (1924-2009) und Monir Farmanfarmaian (geboren 1924).
Das Werk „Histoire Naturelle“ von Max Ernst wurde von den Restauratorinnen der Nationalgalerie Berlin in Teheran restauriert und für den Transport nach Berlin vorbereitet.
Mehr Informationen zum iranischen Künstler Hossein Zenderoudi
Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus an diesem Freitagnachmittag im gut besuchten Tehran Museum of Contemporary Art. Plötzlich standen wir vor einem Modell des verpackten Reichstag in Berlin von Christo aus dem Jahr 1977.
Die Kunst ist die Tochter der Freiheit ( Friedrich Schiller )
Homosexualität wird im Iran tabuisiert, homosexuelle Handlungen sind strafbar bis hin zur Todesstrafe. In der Ausstellung wird eine Arbeit von Gilbert & George gezeigt, die fast ausschließlich als Paar arbeiten und seit 2008 miteinander verheiratet sind.
In ihren großformatigen Werken inszenieren sie sich, ihr Leben, ihre Gedanken, Gefühle, Sexualität. Im Ausstellungskatalog ist als Künstlerporträt ein Foto der beiden abgebildet, das sie mit grell geschminkten Gesichtern und Händen sehr nah beieinander zeigt.
Auch Francis Bacon ist in der Ausstellung vertreten. Der britische Künstler hat sich eindeutig zu seiner Homosexualität bekannt und dies auch in seiner Kunst thematisiert. Allerdings werden nur zwei Tafeln des Triptychons „Two Figures Lying on a Bed with Attendants“ (1968) gezeigt. Die mittlere Tafel, zwei Männer im Bett miteinander, ist „verpixelt“ im Katalog abgebildet.
Bahman Mohasses (1932-2010) wird der „Persian Picasso“ genannt, ab 1967 lebte er in Rom als Maler, Bildhauer und Übersetzer – auch als prominenter „gay artist“.
Mehr dazu in THE GUARDIAN:
Francis Bacon and gay Iranian artist Bahman Mohasses shown in Tehran
In einem kleinen Kabinett ist die Skulpturengruppe „Boxers“ von Duane Hanson ausgestellt. Er zeigt die legendäre Titelverteidigung des zum Islam konvertierten Muhammad Ali (ehem. Cassius Clay) gegen Sonny Liston im Jahr 1965. Ali streckte Liston mit einem Schlag nieder, der als „Phantom Punch“ in die Boxgeschichte einging. Die Darstellung folgt dem berühmten Sportfoto des amerikanischen Fotographen Neil Leifer.
Die Ausstellung #berlinrometravelers ist absolut sehenswert. Sie wird im Tehran Museum of Contemporary Art gezeigt bis zum 16.06.2017.
und dann?
Dann wäre es wunderbar, wenn die Werke doch noch nach Europa reisen könnten!
Zu der Ausstellung gibt es im Museumsshop des Museums einen empfehlenswerten Katalog zu einem günstigen Preis: 200 000 Rls, ungefähr 5 €.
Selected Works of Tehran Museum of Contemporary Art – Berlin-Rome Travelers
Die Werkliste der geplanten Ausstellung in Berlin entspricht der Exponatliste und dem Katalog der in Teheran gezeigten Ausstellung.
Tehran Museum of Contemporary Art TMOCA
North Karegar Ave. am Laleh Park
Teheran – Iran
Öffnungszeiten:
Sonntag – Donnerstag 10:00 a.m.- 6:00 p.m.
Freitag 3:00 p.m.- 6:00 p.m.
Samstags geschlossen
Hallo Andrea , tolle Ausstellung hast du da kommentiert! Hätte noch viel mehr darüber erfahren mögen. Für mich, die ich da in der absoluten Natur sitze ein irres kulturelles “ Erlebnis“, v.a. Weil ich mir Gedanken darüber mache wielange noch in der Türkei die vielen modernen, eigenwilligen Künstler existieren können. Liebe Grüße , gerade geht Internet super , Uta
Danke für deinen Bericht und die schönen Fotos! Grüße aus dem Gebirge.
WOW die sieht aus wie DU!
Wer denn? Wem soll ich ähnlich sehen?