Reiseblog

Der Morgen nach dem Erdbeben in Napoli …

Mit mulmigem Gefühl war ich ins Bett gegangen in meinem Zimmer im 8. Stock. Kleider, Schuhe, Mantel und das Telefon für eine eventuelle Flucht aus dem Hotel hatte ich mir bereitgelegt. Doch die Nacht blieb ruhig nach dem starken Erdbeben in Napoli. Nur Musik drang von draußen in mein Zimmer, Trommeln und Stimmen … aber das hatte mich beruhigt. Irgendwann war ich eingeschlafen …

Der Morgen nach dem Erdbeben war schön in Napoli. Von der Dachterrasse des Hotels hatte ich eine herrliche Aussicht auf die Stadt, den Vesuv und das Meer.

Im Gegenlicht – Morgensonne in Neapel nach dem Erdbeben – Foto © Welz

Mir fiel das Zitat von Johann Gottfried Herder aus dem Jahr 1789 ein, das ich in meinem Reclam Kunstführer „Neapel und Umgebung“ gefunden habe und das auch meinen Eindruck der Stadt so gut beschreibt:

„Ich danke Gott für Neapel! Vom drückenden Rom befreit, fühle ich mich wie einen ganz anderen Menschen … Himmel und Hölle, Elysium und der Tartarus sind hier erfunden; Homer und Vergil haben das einzige Ewige ihrer Gedichte aus einer Gegend genommen, die vor meinen Augen ist, rechter Hand vor meinem Fenster.“

Himmel und Hölle … das ist Napoli! Eine faszinierende Stadt!

Blick von der Dachterrasse auf die Altstadt von Neapel. Dominierend das Dach des Kirchenschiffes von Santa Chiara. Foto © Welz
Blick von der Dachterrasse auf die Altstadt von Neapel. Dominierend das grüne Dach des Kirchenschiffes von Santa Chiara. Im Vordergrund der Palazzo delle Poste aus dem Jahr 1936. Foto © Welz

 

Die Certosa di San Martino und das daneben liegende Castel Sant'Elmo sind das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt. Foto © Welz
Die Certosa di San Martino und das daneben liegende Castel Sant’Elmo auf dem Hügel Vomero sind das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt. Foto © Welz

Nach dem Spaziergang durch die Altstadt von Neapel besuchten wir am Nachmittag das Archäologische Nationalmuseum. Meine Freundin Roberta, die uns durch das Museum führte, hatte das Erdbeben auch bemerkt. Sie war zuhause, erzählte sie, in ihrer kleinen Wohnung, die auf eine alte Kirche gebaut worden war. Sie hatte die Erdstösse am 29.12.2013 nach 18.08 Uhr erlebt und Angst, dass das Haus einstürzen könnte. Ich höre auch immer, wenn sie HALLELUJAH singen in der Kirche!

Busfahrer Mario war im Bus unterwegs zum Zeitpunkt des Bebens. Nein, nein, ich habe nichts bemerkt, sagte er. Aber meine Frau zuhause an der Amalfiküste, die hatte Angst. Sie hat die Erdstösse gespürt.

Ich war sehr gespannt, was die Vulkanguides auf dem Vesuv, die die Besucher die letzten Meter zum Kraterrand begleiten, zu dem Erdbeben sagen! Schließlich ging dem entsetzlichen Ausbruch des Jahres 79 n.Chr. auch ein Erdbeben voraus, 17 Jahre vorher, 62 n.Chr. Aber auch wenige Tage vor dem Ausbruch soll die Erde leicht gebebt haben. Robert Harris schildert die Situation eindrucksvoll in seinem Roman „Pompeji“.

Vulkanguide David erklärt uns am Kraterrand die Gefahren des Vesuvs - Foto © Welz
Vulkanguide David erklärt uns am Kraterrand die Gefahren des Vesuvs – Foto © Welz

Auf dem Vesuv hat David für uns Zeit. In seinem lustigen „Denglish“- Deutsch erklärte er uns den Vulkan und seine Geschichte. Nein, nein, das Erdbeben hat gar nichts mit dem Vesuv zu tun, beteuerte er. Das Epizentrum lag ja in Caserta. Hier ist alles ganz ruhig. Der Vesuv wird rund um die Uhr bewacht. Wir werden informiert. Ja, wir hatten einen Voralarm die letzten Wochen, von Oktober bis vor einer Woche!

Blick vom Vesuv Richtung Neapel am Spätnachmittag 31.12.2013 - Foto © Welz
Blick vom Vesuv Richtung Neapel am Spätnachmittag 31.12.2013 – Foto © Welz

Da staunte ich nicht schlecht. Denn ich war auch im Oktober 2013 am Golf von Neapel und auf dem Vesuv. Kein Mensch hat damals einen Voralarm erwähnt! Immerhin müssten Zigtausende evakuiert werden, im Fall der Fälle.
Wenn man einmal auf dem Vesuv war und das dichtest besiedelte Land am Fuße des Vulkans gesehen hat, wenn man die Straßen und den Verkehr kennt und wenn man die Pliniusbriefe gelesen hat, die den Ausbruch 79 n.Chr. dokumentieren, dann ist einem schnell klar, dass eigentlich alle Evakuierungspläne scheitern werden.
Wie kann man Hunderttausende in Sicherheit bringen, wenn die Autobahnen ewige Baustellen sind, wenn das Meer als Fluchtweg wegen Tsunamigefahr ausscheidet und die Rettung über die Luft auch nicht möglich sein wird?
Nach der Statistik ist der Vesuv längst überfällig, in der Geschichte der dokumentierten Ausbrüche kam es im Durchschnitt alle vierzig Jahre zu einer Eruption. Der letzte Ausbruch liegt nun 70 Jahre zurück, seit 1944 befindet sich der Vesuv in einer Ruhephase. Wann wird sie enden? Das weiß niemand.

Blick von Pompeji auf den Vesuv – 31.12.2013 – Foto © Welz

Mir erklärt diese ständige Bedrohung durch den Vesuv die unbändige Lebenslust, die Energie dieser Stadt. Frei nach Epikur ist sie eine Mahnung, das eigene Leben, solange es noch währt, umso intensiver zu genießen. Dieser Gedanke wird bei Christoff Neumeister ausgeführt.
In seinem Buch „Der Golf von Neapel in der Antike – Ein literarischer Reiseführer“ übersetzt er den Papyrus 1050, Mitte des 18. Jahrhunderts gefunden in der sog. Villa dei Papiri in Herculaneum:

„Vernünftige Menschen dagegen rechnen jeden Augenblick mit dem Tod … Kommt ihnen dann der Tod überraschend in den Blick, dann machen sie sich in Gedanken ganz schnell noch einmal klar, dass sie alles, was das Leben ihnen zu bieten hatte, genossen haben …“

Carpe diem.

Genieße deine Lebenszeit heute und verschiebe nichts auf morgen, so erlebe ich die Stimmung in der Metropole Neapel.
Ich liebe diese Stadt!

Wer mit mir einmal nach Neapel und Kampanien reisen möchte, hat immer wieder die Gelegenheit dazu. Nehmen Sie Kontakt mit mir auf! Ich nenne Ihnen aktuelle Reisetermine.

Literaturtipps:

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2 Gedanken zu “Der Morgen nach dem Erdbeben in Napoli …

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